Das Rheingold ist ein deutscher Mythos, Sie wissen schon: Richard Wagner, die Nibelungen und all das. Die wenigsten Menschen aber wissen, dass im Rhein wirklich echtes Gold zu finden ist: Man schätzt, dass zwischen Basel und Mannheim noch heute etwa 52 Tonnen Gold im Rhein verborgen liegen.
Dabei handelt es sich aber nicht um den Schatz der Rheintöchter, sondern um feinste Goldteilchen, die im Rheinsand in Form kleiner Blättchen, feiner Flitter und Goldstaub auftreten. Bei günstigen Bedingungen ist in 150 000 Gewichtsteilen Sand ein Gewichtsteil Gold enthalten. Bereits die Kelten hatten sich daran versucht, das Gold aus dem Rheinsand heraus zu waschen, ein systematischer Waschbetrieb ist in Südbaden und im Elsass seit dem 14. Jahrhundert nachgewiesen.
Wie andere Bodenschätze war auch die Goldwäscherei Bestandteil des sogenannten königlichen Bergregals. Die Erträge standen den jeweiligen Landesherren zu. Auf heutiger Karlsruher Gemarkung wurde die Goldwäscherei auf markgräflichen Befehl im Jahre 1675 in Knielingen aufgenommen. Dazu wurden ortsfremde Spezialisten herbei geholt, die den Knielingern die Technik des Goldwaschens beibrachten.
Das angewendete Verfahren war sehr aufwendig und mühsam. Zunächst wurde anhand einer Probe festgestellt, ob eine Sandbank ergiebig genug war. Dazu wurde eine Schaufel voll Sand aufgenommen und durch vorsichtiges Schwenken knapp unterhalb der Wasseroberfläche der leichtere Sand abgespült, so dass ein etwa im Durchmesser 5 cm großer Fleck schwarzen goldhaltigen Sandes zurück blieb. Daraus konnte mittels eines Magnetes die Eisenteilchen entfernt werden, so dass die Zahl der Goldkörner festgestellt werden konnte. Ab etwa 20 solcher Körner oder Flitter lohnte sich das Waschen.
War die Vorprobe erfolgreich, wurde die Waschbank aufgestellt, eine Art Tafel, die aus drei Brettern bestand. An ihren Schmalseiten war sie verschieden hoch gestützt, so dass sie der Länge nach abfiel. Auf das obere Drittel der Bank wurde ein Gitter aus Holzstäben gelegt, der Rest mit einem Tuch abgedeckt. Dieser sogenannte Sturzkorb wurde mit Sand gefüllt und mit Wasser aufgegossen, dann durch Anheben das Grobzeug ausgeschüttet und der Rest des Sandes über das Tuch geschwemmt, so dass die schweren Metallteile darin hängen blieben. Der so gewonnene stark goldhaltige Feinsand wurde mit Magneten von Eisenteilen befreit und der noch vorhandene Schlamm und Quarzsand ausgeschwemmt.
Der feine Goldsand wurde nun in einer flachen Schüssel ausgebreitet und mit Quecksilber beträufelt. Durch diese Verbindung entsteht ein verdicktes Amalgam in Form von Kügelchen, die aus dem Sand heraus genommen werden können. Aus der Gold-Quecksilberlegierung konnte durch Brennen das Quecksilber entfernt werden, zurück blieb Feingold.
"Das Goldwaschen bei Carlsruhe", Radierung von Johann Michael Volz, um 1820
Üblicherweise wurden an einem Tag in neun Arbeitsstunden vier Tonnen Sand gewaschen, die dann gerade mal 1 Gramm Gold erbrachten. Von der markgräflichen Verwaltung wurden Goldwäscheinspektoren eingesetzt, die das Rheingold bei den Goldwäschern einsammelten und ihnen dafür einen bestimmten Tagelohn ausbezahlten. Es wird aber vermutet, dass nicht alles Gold abgeliefert, sondern daneben auch ein umfassender Schwarzhandel damit betrieben wurde. Die ersten badischen Münzen aus Rheingold wurden 1721 geprägt. Sie trugen Aufschriften wie „EX SABULIS RHENI“ ("Aus dem Rheinsand") oder auch „SIC FULGENT LITTORA RHENI“ ("So glänzen die Ufer des Rheins").
Mit der Rheinregulierung durch Tulla wurde die Goldwäscherei im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer unrentabler, weil durch die zunehmende Strömungsgeschwindigkeit die goldhaltigen Sandbänke fortgeschwemmt und die Ufer teilweise befestigt wurden. Die letzte badische Münze ließ 1854 der Prinzregent und spätere Großherzog Friedrich I. prägen, unter Numismatikern sind diese als Prinzregenten-Dukaten bekannt.
Der letzte Knielinger Goldwäscher Gottlieb Fr. Herrmann starb im Jahr 1912. Die Goldwäschergasse in Knielingen erinnert bis heute an ihn und seine Berufskollegen.
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