Kaloderma? Viele unserer Leser/innen, die die 60er Jahre bewusst erlebt haben, erinnern sich sicherlich noch an die Seifenmarke der Fa. Wolff & Sohn aus der Oststadt. Aber was hat es mit dem eigenartigen Titel dieses Beitrags auf sich? Darauf werden wir noch zurückkommen.
Gottlob Friedrich Wolff, seines Zeichens Hoftheaterfriseur in Diensten des Großherzogs, hatte einen Sohn namens Friedrich, der schon im Alter von 24 Jahren in den Betrieb seines Vaters in der Karl-Friedrich-Straße einstieg und zusammen mit ihm im Jahre 1857 eine Firma zur Produktion und dem Verkauf von Seifen begann. Friedrich Wolff war ein großes unternehmerisches Talent und so wuchs die Fa. Wolff & Sohn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasant, so dass selbst nach dem zwischenzeitlichen Umzug in die Kaiserstraße die Räumlichkeiten zu klein wurden und ein Neubau für die Produktion der verschiedenen Kosmetikartikel unabdingbar wurde. Um die Jahrhundertwende war die Karlsruher Firma mit allerlei Produkten wie Seifen, Parfüms, Cremes, Puder und diverser Wässerchen zu einem Global Player aufgestiegen und lieferte ihre Ware bis nach China.
Geplant und gebaut wurde die neue große Fabrikanlage für Wolff & Sohn in den Jahren 1889/91 in der Durlacher Allee 31/33 von Hermann Walder, einem Karlsruher Architekten, der übrigens 10 Jahre später auch das Moningerhaus in der Kaiserstraße/Ecke Karlstraße verwirklichen sollte, das in diesem Blog schon ausführlich vorgestellt wurde (s. Beitrag vom 23. April ff).
Luftaufnahme der Fabrikanlage von Süden, um 1936 (Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 318)
Im Vordergrund die Durlacher Allee.
Zunächst wurde eine L-förmige Fabrikanlage errichtet, bestehend aus dem Verwaltungsgebäude parallel zur Durlacher Allee und dem sich rechtwinklig an der Westseite (links im Photo) anschließenden Fabrikationstrakt. Davor direkt an der Durlacher Allee rechts und links der Einfahrt zwei Villen, die rechte, um ein Stockwerk höhere, als Direktorenvilla gebaut. Im hinteren Teil des Areals an der Gerwigstraße schließlich das Arbeiter- und Stallgebäude. Im Laufe der Jahre kamen einige Neu- und Anbauten hinzu. Aber es mussten, besonders nach Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs 1944, auch Gebäude abgerissen werden. So beispielsweise die Villa an der südwestlichen Ecke links der Einfahrt.
Doch nochmal zurück in die Blütezeit der Fabrik Anfang des 20. Jahrhunderts. Für seine Premium-Marke ließ sich Wolff vom Griechischen inspirieren, ins Deutsche übersetzt heißt „Kaloderma“ schlicht und einfach „schöne Haut“. Er setzte früh auf omnipräsente Werbung u.a. in Anzeigen verschiedener Zeitungen, Illustrierten und auch auf Werbeplakaten.
Werbeplakate des Berliner Graphikkünstlers Jupp Wiertz Mitte der 20er Jahre
Zwischen 1925 und 1930 engagierte er den Berliner Graphiker und Plakatkünstler Jupp Wiertz, der für „Kaloderma“ und „Vogue“ Werbeplakate entwarf, die heute zu den Klassikern dieser Branche gehören.
Andere Kaloderma-Plakate aus den 20er Jahren, beispielsweise die des Münchener Graphikers Ludwig Hohlwein, würde man heute durchaus als rassistisch bezeichnen.
In der Folgezeit des zweiten Weltkriegs konnte die Firma ihre herausragende Stellung auf dem Kosmetikmarkt vor allem im internationalen Handel nicht mehr zurück gewinnen. So wurde schließlich „Wolff & Sohn“ an die Fa. Schwarzkopf GmbH in Hamburg verkauft, die die Produktion in der
Karlsruher Oststadt Ende 1973 einstellte.
Plakat von Ludwig Hohlwein, München 1925
Heute ist ein Teil des ehemaligen Fabrikkomplexes zwischen Durlacher Allee und Gerwigstraße Hauptsitz des Polizeipräsidiums Karlsruhe. Die Fabrikantenvilla, sowie das Verwaltungsgebäude und einige Bauten im nördlichen Teil des Areals sind denkmalgeschützt. Auf dem Gelände entsteht zur Zeit der Neubau des Karlsruher Finanzamts.
Hauptgebäude der ehem. Fa. Wolff & Sohn, rechts ist die ehem. Fabrikantenvilla zu sehen
Links neben dem Hauptgebäude entsteht zur Zeit der Neubau des Finanzamts.
Denkmalgeschütztes Silogebäude aus dem Jahr 1905 im gotisierenden Stil von der Gerwigstraße aus gesehen
Das Wappen der Fam. Wolff im Giebel des Anbaus von 1903 an der südöstlichen Seite des Areals, Durlacher Allee Ecke Veilchenstraße. Im Wappen links drei Wolfsköpfe. Bekrönt wird das ganze von einem sitzenden Wolf (mit einem Vogel oder einer Ente im Maul?)
(aktuelle Fotos: davernos)
Nun aber zurück zum Titel: Ältere Mitbürger/innen erzählen die wunderbare Stadtlegende, dass sie als Kinder, die aus dem Umland kamen, bei der Zugeinfahrt in den Karlsruher Hauptbahnhof zuerst große Emailleschilder sahen. Diese waren auffallender als die Schilder KARLSRUHE HBF. Auf ihnen stand nichts anders als KALODERMA, so dass die Kleinen annahmen, das müsse wohl der Name dieser Stadt sein. Ob die lieben Omas ihre Enkel in diesem Glauben ließen oder sie sie über die wahre Bedeutung aufklärten, ist nicht überliefert. Sicherlich aber hatten sie nach ihrer Ankunft am Hauptbahnhof viel Spaß beim Zoobesuch in der großen Stadt „Kaloderma“.
Das heutige Rätsel lautet:
Friedrich Wolff war Vorreiter bei der Verwendung von Lanolin in Kosmetika. Wie wird Lanolin gewonnen?
a) durch das Auswaschen von Schafwolle
b) aus Erdöl
c) aus Bienenwachs
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